Brotgeschichten

Harald Friedl

Der österreichische Filmemacher, Schriftsteller und Musiker veröffentlichte 2020 die Kinodokumentation „Brot“. Der Film begeisterte ein Millionenpublikum und sorgte für regen Gesprächsstoff in der Backbranche.

1. Wie würdest Du Dich jemandem vorstellen, der Dich nicht kennt?

Offen, freundlich, interessiert.

2. Was ist Brot für Dich?

Ein Lebensmittel von großer symbolischer und politischer Bedeutung.

3. Die erste Erinnerung an Brot?

In Form von Buttersemmeln – Brötchen, sagt man in Deutschland dazu.
Die Urgroßmutter streicht eine dicke Schicht Butter auf und reicht mir die Semmel. Das ist meine früheste Broterinnerung.

4. Welche Rolle spielt Brot in Deiner Familie?

Zu Beginn großer Familienessen meiner Kindheit hat der Großvater einen Laib Schwarzbrot für alle in Scheiben geschnitten. Er nahm es sich zu Brust und schnitt immer zur Brust hin. Das war ein festes Ritual. Im Alltag spielte es auch eine große Rolle, in dem es zum Frühstück manchmal nur trockenes Brot im stark gezuckerten Milchkaffe oder belegte Brote am Nachmittag oder als Abendessen gab. Und heute erwarten sich alle, die zu meiner Frau und mir zum Essen kommen, dass für das beste Brot gesorgt ist. Schließlich habe ich, was Brotgenuss betrifft, jetzt durch die Recherchen für den Film und die Dreharbeiten eine Bringschuld.

5. Warum ein Film über das Brot?

Der Anstoß kam, als ich zu begreifen begann, warum Brot in jedem Laden so unterschiedlich ist, welche Rolle das Getreide, die Arbeit der Bäckerinnen und Bäcker, ihr Gefühl und die Mikrobiome dabei spielen.

6. Was bedeutet Backen für Dich?

Vermeidbare, meist vergebliche Liebesmüh´. Lieber vertraue ich den Meisterinnen und Meistern ihres Fachs.

7. Wie denkst Du über die industrielle Entwicklung des Backens?

Nach dem Weltkrieg ging es in Europa darum, die Menschen zu ernähren. Danach immer stärker um Marktanteile, um das Wachstums des eigenen Unternehmens. Jetzt bekommen individuelle Bäcker immer mehr Aufmerksamkeit und die Menschen verstehen die Zusammenhänge von Qualität und Ökologie besser.
Heute hätte die Brotindustrie die große Chance, Vorreiter bei der Ökologisierung der Wirtschaft zu sein. Denn wenn ein großer Produzent wie Harry zum Beispiel ankündigt, in den kommenden 5-10 Jahren komplett auf bio umzusteigen, würde das einen ungeheuer starken Impuls für die Ökologisierung der deutschen Landwirtschaft bedeuten. Die Böden würden gesünder, sie könnten mehr CO2 speichern, es kämen weniger Pestizide in die Umwelt und in die Menschen und es wäre ein Beitrag zum Artenschutz.
Auch mittelgroße Biobäckereien haben die Chance, sich von Konkurrenzdenken und Profitlogik zu lösen, die Renditen zu begrenzen und mit den Überschüssen ökologische Projekte zu unterstützen. Geld scheffeln ist doch langweilig!

8. Welche Innovation ist notwendig oder steht uns bevor?

Zuerst braucht es Innovation in den Köpfen. Weg von den Impulsen, alles immer billiger bekommen zu müssen. Mit dem Kult, der um Billigkeit und Sonderangebote gemacht wird, muss Schluss sein. Manche dieser Billigangebote sind ja geradezu obszön, weil sie immer auf Kosten anderer gehen: des Landes, der Tiere und der Menschen, die solche Produkte produzieren und handeln. Es zahlt immer jemand die Zeche.

9. Welches ist Dein Lieblingsmehl?

Dinkel

10. An was denkst Du selbst beim Backen?

Seit ich den Profis zugesehen habe, backe ich selbst kaum noch.

11. Was passiert mit Dir, wenn Du frisches Brot riechst?

Vorfreude stellt sich ein.

12. Mit was isst Du am liebsten das Brot?

Das kommt ganz auf das Brot an. Ich esse nicht zu jeder Art Brot das selbe, sondern versuche die Wahl anderer Speisen auf das Brot hin abzustimmen – und umgekehrt. Helles Dinkelbrot esse ich am liebsten rein mit Butter oder ich serviere es mit Oliven und Schafskäse, mit in Kichererbsenmehl gewendeten Zucchinischeiben, die ich in Knoblauchöl brate. Dazu kommt noch selbst gemachtes Tsaitsiki. Ich toaste es auch gerne im Rohr mit verschiedenen Auflagen, diversen Käsesorten und Gemüsen. Dunkles, mit Traubensaft gesüßtes Dinkelbrot esse ich am liebsten mit Avocadoaufstrich (mit frisch geriebenem Kreuzkümmel, Curry-Mischung, Salz, Pfeffer, Knoblauch, Olivenöl und drei, vier Tropfen Essig). Das passt auch gut zu Roggenbrot, zu dem auch ein kräftiger Honig gut schmeckt. Klassisches Weißen-Roggen-Mischbrot esse ich selten.

13. Und mit wem würdest Du gerne mal das Brot brechen?

Mit dem englischen Musiker Steven Wilson oder der deutschen Philosophin Ariadne von Schirach.

14. Hat Brot eine spirituelle Bedeutung für Dich?

Nein.

15. Was denkst Du über den quasi religiösen Kampf der Ernährungsweisen, also Veganismus versus Flexitarismus?

Ich kann mich wohl selbst als Flexitarier bezeichnen. Ich will kein Tier töten, bin auch nicht froh darüber, dass es jemand anderer für mich tut, esse aber trotzdem immer wieder Huhn oder Schwein vom Biobauern. Rinder nicht! Wild allerdings schon, weil das frei lebende Tiere sind und einer gewissen Bestandskontrolle unterzogen werden müssen. Doch eigentlich denke ich, dass der Veganismus richtig liegt.

Trotzdem wende ich mich mit Leidenschaft gegen sich progressiv gebärdende Moralisten, die aus ihren Überzeugungen eine Religion machen, und alle, die ihnen nicht folgen, zu verdammenswerten Ungläubigen abstempeln.  Das heutige Ausmaß an identitärem Lagerdenken halte ich für sehr gefährlich.

16. Wer sind Deine Lieblingsbäcker?

In alphabetischer Reihenfolge: BioKaiser im Rhein-Main Gebiet, Gragger, Kasses und Öfferl in Wien, Poilane und Vasseur in Paris.

17. Was darf das Kilo Brot kosten?

Das, was es Wert ist. Es gibt für alles einen gerechtfertigten Preis, der sich an der Qualität von Rohstoffen, Arbeit und der Qualität der Handelsbeziehungen bemessen lässt.

18. Bist Du eher der Weizen oder Roggen Typ?

Beides

19. Was ist Zeit für Dich?

Etwas, mit dem man behutsam umgehen sollte. Arbeitszeit ist Lebenszeit. Und da ich sehr gerne arbeite und genau das arbeite, was ich machen will, lebe ich sehr gut im Einklang mit der Zeit.

20. Was ist Genuss für Dich und welche Rolle spielt gutes Brot dabei?

Es soll schön aussehen und sich beim Verzehr gut anfühlen. Ich wünschte, ich wäre ein kultivierterer Genießer.
Jedenfalls, Frühstück ohne Brot – das geht gar nicht.

21. Dein Fazit zum Thema Brot nach dem Film?

Wir sollten es als Lebensmittel, nicht bloß Nahrungsmittel, sehen und schätzen. Ich hoffe, dass die Botschaft ankommt, dass es nicht egal ist, welches Brot wir essen, sondern dass gutes Biobrot zu einer guten Lebensqualität gehört und in ökologischer wie sozialer Hinsicht große Bedeutung hat.

 

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